Raus aus dem Goldenen Käfig

Eigentlich geht es Dir gut.

Jedenfalls von aussen betrachtet. Du hast ein gutes bis sehr gutes Einkommen, kannst Dir so einiges leisten. Schönes Wohnen, gutes Essen, tolle Ferien mehrmals im Jahr. Spontane Kurztrips am Wochenende, wenn Dir der Sinn danach steht. Deine Familie und Du selbst, Ihr lebt das gute Leben und zeigt es auch nach aussen - mit Understatement, versteht sich, Ihr braucht nicht zu protzen, aber Ihr braucht Euch auch nicht verstecken. Mein Haus, mein Auto, mein Boot - Du verstehst, was ich meine. Du bist gut abgesichert, die Rente ist zwar noch einige Jährchen entfernt, aber Du kannst ihr entspannt entgegenblicken.

Von aussen betrachtet repräsentierst Du Erfolg, Lässigkeit. Jemand, der es geschafft hat, und den viele beneiden. Eigentlich.

Doch tief in Dir, da ist eine nagende Stimme, die mehr will. Nein, nicht noch mehr Klamotten, Fernreisen oder anderen Luxus. Sondern mehr Sinn, mehr Lebensfreude, mehr Erfüllung. Denn all diese Dinge sind auf dem Weg zu Deinem schönen Lebenstandard auf der Strecke geblieben. Dein inneres Glücksbarometer schafft es irgendwie nicht, sich Deinem Kontostand anzugleichen.

Das Leben auf hohem Niveau ist teuer erkauft - jedenfalls für all die, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurden. Die sich ihren Erfolg hart erarbeitet haben. Über Schule, Studium und einen Aufstieg über oftmals vorgezeichnete Karrierepfade. Mit Arbeit, Überstunden und noch mehr Arbeit. Was zum Karrierestart aufregend und herausfordernd anfing, artet nach vielen Jahren nicht selten in nervtötende Routine und übermenschlichen Stress aus. Selbstbestimmung ade - Dein Zeitplan ist voll getaktet, privat wie beruflich. Für Befindlichkeiten bleibt da keine Zeit, und Freunde und Familie müssen meist hintenan stehen, wenn es um Deine Zuwendung oder auch nur gute Gespräche geht. Aber es gibt keinen Weg zurück. Du willst mithalten, aushalten und so treibst Du Dein Hamsterrad selber an, in ständiger Beschleunigung, ohne Zeit zum Innehalten.  

Kennst Du das?

Du befindest Dich in guter Gesellschaft. Um Dich herum rennen und strampeln die anderen, die Vorgesetzten, die Kollegen, die anderen, die schon eine Stufe weiter auf der Karriereleiter stehen. Etwas anderes haben sie nicht gelernt, einfach anhalten und aus eigener Entscheidung aufhören kommt nicht in Frage.  Bis der Körper sich meldet, der Rücken streikt, der Kopf schmerzt, der Schlaf fehlt, immer öfter, Richtung Burnout.  Der nächste Wellnessurlaub, die kurzen Auszeiten bringen keine Linderung. So steigt und steigt der Leidensdruck, und die Sehnsucht nach einem alternativen Lebensentwurf wird immer grösser.

Du hast eine Ahnung

Du weisst schon, was Dir gut tun würde. Reduzieren, runterschalten, nicht mehr auf Knopfdruck funktionieren. Aber du steckst mit Tunnelblick fest in Deinem goldenen Käfig und kannst Dir nicht vorstellen, Deinen hart erarbeiteten Lebensstandard aufzugeben. Er will erhalten werden, und so ignorierst Du die innere Stimme, die zur Mässigung ruft und nimmst das nächste grosse Projekt in Angriff.  Ach so, Du strampelst Dich nicht nur für Dich allein ab? Auch die Familie profitiert von den Früchten Deiner harten Arbeit? Dann kommt zum Lebensstandard noch der Druck der Verantwortung hinzu. Und so beisst Du Tag für Tag in den sauren Apfel und krampfst. Höher, schneller, weiter. 

Bis es irgendwann nicht mehr geht. 

Echte Wertschätzung

Wenn Du an diesem Punkt stehst, dann nimm Dir dringend eine Auszeit. Um Bilanz zu ziehen, eine Standortbestimmung vorzunehmen. Um erst einmal wieder tief durchzuatmen und dann in Ruhe zu überlegen, ob es vielleicht doch Alternativen zum Ausstiegsalptraum Altersarmut gibt, oder zum kompromisslosen Verzicht auf den liebgewonnenen Luxus.  Werde Dir über Deine Lebensziele wieder klar, lass neben der äusseren Karriere, mit der Du ja schon so weit gekommen bist, nun auch die innere etwas gelten: Die persönliche Entwicklung, die Gelassenheit, das Gefühl, mit sich im Reinen zu sein. Wieder Zeit für Familie und Freunde zu haben, für gute Gespräche, für echte Wertschätzung. Die innere und äussere Karriere einander anzugleichen. 

Ein Plan für das echte Leben

Du bist in einer guten Position. Du kannst es Dir leisten, Deine nächsten Schritte mit Bedacht aufzugleisen. Du kannst es Dir erlauben, Deine Träume mit in Deine Pläne einfliessen zu lassen, die brachliegende Kreativität wieder aufzuwecken, Deine Zeit für Dich zurückzuerobern. Dein Leben soll nicht mehr an Dir vorbeirauschen, sondern will gelebt werden, mit Deinem Potenzial, Deinen Stärken, Deinem Einfallsreichtum. Nach und nach erlaubst Du Dir, verschiedene Optionen anzudenken und für Dich zu bewerten. Du wirfst einen Blick auf Deine Verantwortung, aus einer anderen Perspektive heraus, und Dir wird klar, wo Du sie abgeben oder teilen kannst. Du kannst eine Mischrechnung aufmachen, was Deinen Lebensstandard angeht, denn Dir wird bewusst, was wirklich wesentlich in Deinem Leben ist. Wahrscheinlich sind das nicht zuerst die materiellen Errungenschaften. Du kannst Dir vorstellen, Ballast und Unnötiges abzuwerfen. Und Du wirst feststellen, dass Du es Dir durchaus leisten kannst, im positiven Sinne zurückzuschalten, wieder Kontrolle über Deine Lebensrichtung zu ergreifen.

Denn kannst Du es Dir leisten, dies nicht zu tun?

Foto von Chris Montgomery auf Unsplash